Das Foto mit dem doppelten Regenbogen habe ich an einem Junitag bei wechselhafter Witterung auf dem Berg Galtispouda in Schwedisch-Lappland eingefangen. Immer wieder zogen Regenschauer über die Landschaft, die ihren Teil zu dem Naturphänomen beitrugen.

Doch wie ist das eigentlich mit dem Zusammenspiel von Licht, Wassertröpfchen in der Luft und den daraus resultierenden Farben des Regenbogens? Unternehmen wir eine kleine Reise in die Physik des Lichts, der sich ein Fotograf durchaus mal stellen sollte. Schließlich ist es immer vorteilhaft, wenn der Bilderjäger hinter der Kamera versteht, was sich vor der Linse zeigt. Zugegeben, der Text ist etwas ausführlicher, doch es muss ja nicht immer allzu Simples in lediglich Tweetlänge sein …

 

Die Farbe steckt im Licht

Ein Gedankenspiel: Würde auf dem Stein im Vordergrund des Fotos eine Banane liegen und per Zauberei könnte plötzlich die Polarnacht hereinbrechen, wäre es vorbei mit der Leckerei. Sprich: Wir könnten die Banane nicht mehr sehen. Ebenso könnten wir natürlich die Seen und Berggipfel nicht mehr erkennen und müssten das Stativ mitsamt Kamera abbauen. So banal, so klar.

Diese Feststellung führt aber zu einer grundlegenden Erkenntnis, über die wir in aller Regel gar nicht mehr nachdenken: Die gelbe Farbe der Banane steckt nicht in der Frucht selbst, sonst wäre sie weiterhin zu sehen. Daraus folgt die logische Überlegung, dass die Farbe im Licht steckt.

 

Sonnenlicht und Glasprisma

Genau darauf ist bereits das englische Genie Issac Newton im Jahre 1666 gekommen. Eigentlich untersuchte der Naturwissenschaftler gerade die Gesetze der Schwerkraft, als er Sonnenlicht durch ein Glasprisma fallen ließ. Er erhielt im Ergebnis die auch im Foto zu sehenden Regenbogenfarben des sogenannten sichtbaren Spektrums (rote, grüne und blaue Lichtwellen, auch Grundfarben genannt, mitsamt Abstufungen). Das war zunächst nichts Neues und wurde bereits zuvor beobachtet. Bis dato ging man aber einfach davon aus, dass die Farben im Glas bereits irgendwie vorhanden waren. Newton ging jedoch einen Schritt weiter und schickte den Sonnenstrahl durch ein zweites Prisma, das den ursprünglich weißen Lichtstrahl wiederherstellte. Anders formuliert: Er hob die zuvor erfolgte Aufspaltung des weißen Lichts in seine Grundfarben durch unterschiedliche Ablenkung der verschiedenen Wellenlängen des Lichts innerhalb des zweiten Prismas wieder auf.

Hintergrund: Lichtquellen wie die Sonne oder eine Schreibtischlampe senden permanent Abermilliarden sogenannte Photonen, also farbige Lichtteilchen, aus, die als Lichtwellen im sogenannten elektromagnetischen Spektrum definiert sind.

Preisfrage: Warum erscheint uns Licht trotzdem meistens weiß und nicht rot, gelb, grün und blau gleichzeitig? Worauf basiert die Erkenntnis von Newton, dass Licht, das wir als weiß auffassen, tatsächlich eine Mischung aller Farben innerhalb des Spektrums ist?

Beleuchten wir zunächst unseren Sehapparat mitsamt Netzhaut. In ihr befinden sich drei verschiedene Arten von Zapfen (Lichtsinneszellen), die dafür zuständig sind, immerzu Lichtteilchen einzufangen. Die Zapfen sind spezialisiert: Eine Art sammelt besonders gut blaue Lichtteilchen ein, die zweite Art grüne und auch gelbe, die dritte Art kümmert sich um rote, lässt aber auch gelbe und orangefarbene nicht ganz außer Acht.

Im nächsten Schritt kommt unser Gehirn mit seiner besonderen Konstruktion ins Spiel. Unser Denkapparat übersetzt die von den Nervenbahnen der Netzhaut kommenden Signale in Farben. Dabei gibt es aber nun ein „Problem“, denn das Hirn kann uns immer nur eine Farbe zeigen. Wenn die Zapfen gleichzeitig Lichtteilchen aus dem gesamten Spektrum einsammeln, trickst es und berechnet eine Mischfarbe. Da ist sehr clever von der Evolution gelöst, wäre es nicht so, müssten in unserer Netzhaut unzählige Zapfen vorhanden sein – für jede mögliche Farbe eine spezialisierte Art. Das von uns wahrgenommene weiße Licht enthält weiterhin alle Farben, es ist eine Mischung aus Rot, Grün und Blau, die unser Gehirn kreiert.

Im Falle der Regenbögen übernehmen die in der Luft befindlichen Wassertröpfchen die Funktion des ersten Prismas von Newton: Sie spalten bzw. fächern das von der Sonne kommende Licht in die roten, grünen und blauen Lichtwellen auf.

 

Das Gelb der Banane

Nun umschiffen wir die letzte Klippe. Warum erscheint die Banane gelb? Wie fügt sich das in die oben beschriebenen Gesetzmäßigkeiten ein? Die Schale der Banane erscheint uns gelb, weil sie den blauen Teil der Lichtstrahlen verschluckt (absorbiert), sie erreichen also gar nicht erst die Zapfen in unserer Netzhaut. Lediglich die Lichtstrahlen des roten und grünen Teils des Spektrums werden von der Oberfläche der Bananenschale zurückgeworfen, also reflektiert, und werden von den auf diese Lichtteilchen spezialisierten Zapfen „eingesammelt“. Wichtig dabei: Die Mischung (Mischfarbe) von den auf die Netzhaut gleichzeitig gelangenden roten und grünen Lichtteilchen ergibt gelb.

So geht es weiter: Tomaten und Erdbeeren reflektieren die roten Photonen, Weintrauben werfen die grünen zurück, der Farbstoff Chlorophyll verschluckt in Blättern blaue und rote Lichtteilchen, sodass sie für unser Gehirn ebenfalls grün erscheinen. Und das weiße Blatt Papier reflektiert die Strahlen aller Wellenlängen des Spektrums. Das Auge sieht deshalb die weiß erscheinende Mischung.

Übrigens: Die absorbierten Lichtteilchen werden in Wärme umgewandelt. Effektive „Lichtschlucker“ sind deshalb nicht nur dunkel, sondern oft auch warm. Ein gutes Beispiel ist das ungemein aufgeheizte (dunkle) Lenkrad eines Pkws in der Hitze eines Sommertags …

 

Lange Wege durch die Atmosphäre

Schauen wir nochmals auf das Foto. Auch das Blau des Himmels entsteht aufgrund der beschriebenen Gesetzmäßigkeiten. Wenn das Sonnenlicht durch die Atmosphäre dringt, werden die blau erscheinenden Lichtwellen stärker abgelenkt bzw. gestreut als die roten. Was wir also als blauen Himmel wahrnehmen, ist der blaue Anteil aus den Sonnenstrahlen, der in der Atmosphäre zerstreut wird. Jetzt stellt sich nur noch eine Frage: Warum erscheint die Sonne bei Auf- und Untergängen rot? Steht die Sonne in der Nähe des Horizonts, legen ihre Strahlen einen längeren Weg durch unsere Atmosphäre zurück, als wenn sie hoch am Himmel stehen würde. Auf dem längeren Weg werden so viele blaue Lichtteilchen aus dem Sonnenlicht zerstreut, dass fast nur noch rote bzw. orangefarbene Photonen übrig bleiben.

Foto: Doppelter Regenbogen. Canon EOS 500D, 3,5-6,3, 18-200 mm, 18 mm , 1/125 sec, f/7,1, ISO 100

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