Auf diesem anscheinend eher unspektakulären Foto, das ich an einem kalten Winternachmittag Anfang Januar dieses Jahres auf 66,3° nördlicher Breite in Lappland gemacht habe, ist im rechten Teil des Bildes eine kleine sogenannte Polare Stratosphärenwolke zu sehen. Aufgrund ihres funkelnden Glanzes und der Farbgebung wird diese Wolkenart auch „Perlmuttwolke“ genannt. In der Meteorologie gelten diese Schönheiten als „Chemiefabriken“, die so ganz anders sind als „normale Wolken“. Die Kristalle von Perlmuttwolken spielen nämlich eine zentrale Rolle beim Abbau von Ozon in der Atmosphäre. Dabei handelt es sich einerseits um eine giftiges und farbloses Gas, das jedoch andererseits für die Erde eine schützende Schicht vor der schädlichen ultravioletten Strahlung der Sonne bedeutet.

Polare Stratosphärenwolken können sich nur bilden, wenn die Bedingungen stimmen. Sie brauchen Temperaturen, die jenseits von -78 °C liegen. Solche Werte lassen sich insbesondere in der winterlichen Stratosphäre (Schicht oberhalb der Troposphäre, die bis in eine Höhe von etwa 50 Kilometern reicht) innerhalb des sogenannten Polarwirbels messen.

Der Polarwirbel wiederum ist ein Höhentief, das sich im Winter in aller Regel über den Polargebieten bildet und eine Ansammlung von kalter Luft mit sehr tiefen Temperaturen darstellt. Woher kommt nun der Perlmutteffekt? Zwar mangelt es in großer Höhe an Wassermolekülen, die eine Voraussetzung für die Bildung von Wassereis wären, doch es gibt eine Aerosolschicht, die aus Schwefelsäuretröpfchen besteht. Diese Tröpfchen verdanken ihr Vorhandensein zurückliegenden Vulkanausbrüchen, die ihre wenigen Salpetersäure- und Wassermoleküle ab den bereits erwähnten -78° C ablagern und Kristalle im Rahmen komplexer chemischer Umwandlungsprozesse bilden. Diese Mischung ist die Basis für die polaren Stratosphärenwolken, an denen sich einfallendes Sonnenlicht bricht und schlussendlich die perlmuttartige Farbgebung hervorruft.

Zugegeben: Als ich das Foto machte, hatte ich diese Zusammenhänge im Detail nicht im Kopf – ich musste sie erst im geheizten Arbeitszimmer nachrecherchieren. Vielmehr war ich an jenem Nachmittag kurz vor Einbruch der Dunkelheit damit beschäftigt, meine ungeschützten Finger wieder warm zu bekommen, die Kamera nicht in den Schnee zu schmeißen und die unglaubliche Ruhe der Umgebung in mir aufzunehmen. Ich hörte nur meinen eigenen Atem, der an der Gesichtsmaske gefror.

Foto: Perlmuttwolke, Lappland. Canon EOS 6D Mark II, 4,0, 16-35 mm, 35 mm, 1/320 sec, f/7,1, +0,33 LW, ISO 400, Stativ 

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